„Wie ich auf die Idee einer 200km Tour kam!“
So ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass ich den Entschluss gefasst habe, mir ein Rennrad zu kaufen. Also bestellt, gewartet, geliefert – rechtzeitig vor dem Urlaub, sodass ich es hier nicht einmal ausprobieren konnte.
Im Urlaub dann die ersten Ausfahrten – und was soll ich sagen: Aller Anfang ist schwer, denn meist war ab 60 km die Luft bei mir raus, dennoch biss ich mich durch und so fuhr ich meinen ersten 100er. Zurück daheim hieß es für mich dann einfach nur fahren, fahren, fahren. In meiner ersten Saison immerhin 2500 km und ein Rennen im Oktober in Münster. Mein Ehrgeiz war geweckt und ich wollte fahren, so oft es ging, so der Plan…
Allerdings blieb das Rad ab Oktober dann stehen – bis zum Winter.
Im Dezember um die Weihnachtszeit ging es dann weiter, das Wetter war geradezu einladend, doch diese ewigen Knieschmerzen nach oder während der Fahrt.
Dank Raphas (Raphael Otto) Profi-Tipps (Sattel hoch, Magnesiumchlorid drauf, Blackroll, Handtuchübungen) wurde es allmählich besser. Seit einer Rundfahrt mit Team im März klappt es – Dank Einzeltrainerstunde – auch einigermaßen mit der Atmung und dem Puls.
Ich schweife aber ab.
Kommen wir also zurück zu der 200er-Idee, eigentlich eine Schnapsidee:
Karfreitag checke ich abends meinen Stravafeed und entdecke bei einem Bekannten hier aus dem Ort diese Tour und die schönen Fotos. „Die Tour können wir doch auch mal fahren.“ sage ich beiläufig ohne zu wissen, was ich damit anrichte, denn was folgt war die Frage von André ob Sonntag oder Montag.
😳
Also alles vorbereiten:
• Track laden
• Ausrüstung checken
• Alles zurechtlegen
• In Zugzwang gebracht werden
• Tipps bekommen
• usw.
Sonntag Morgen 7:30 h aufstehen, frühstücken, anziehen und um 9:30 h Abfahrt. Noch ganz schön frisch heute früh, aber es wird sicher noch besser. Die Straßen sind noch leer, hier und da sieht man ein paar andere Rennradfahrer. ‚Ob die wohl auch so weit fahren heute?‘ frage ich mich und rolle weiter, Kilometer für Kilometer. Aber die Temperaturen drücken schwer auf die Blase, also nach knapp 25km Pipipause und weiter. Die erste Hälfte der Tour rollt wirklich gut. Hier mal ein kleiner Abstecher in die Altstadt von Rottenburg, da mal ein Kurzer Schwenk über das Wasserschloss Glatt.
Ab hier wird es dann etwas anstrengender, der Wind frischt auf und weht beständig von vorn. „Naja, wir machen ja bald Pause“, denke ich, denn der Plan war auf etwa der Hälfte der Strecke eine Rast einzulegen, einen Happen zu essen, die Flaschen zu füllen und den Rückweg in Angriff zu nehmen.
So zumindest der Plan – und so fahren wir weiter, es liegen ja einige Ortschaften auf dem Weg, wo man Essen und Trinken finden wird – NICHT.
😫
‚Wo tanken die Leute hier eigentlich Ihre Autos? Müssen die so weit fahren? Da ist der Tank doch schon wieder leer, wenn die zurück daheim sind!‘
Kein Café das geöffnet hat,
keine Eisdiele,
NICHTS.
Scheiß Corona…
Also weiter treten. Und ab jetzt geht es tendenziell auch noch eher bergauf. Oh je, Gegenwind, bergauf und kein Kuchen, Mist, aber der Motivation tut das keinen Abbruch, weiterfahren ist die Devise. Wir fahren und fahren und dann ist da dieser Moment der Unachtsamkeit – ich kegel uns fast vom Rad als ich dem André hinten reinfahre.
Glück gehabt, beide sitzen noch aufrecht. Weiter fahren. So ohne Belohnung in Form einer Pause aber auch nur so semi spaßig. Doch dann ist sie da, die Dönerbude in Altensteig. Der einzige Gastrobetrieb der heute im gesamten Nordschwarzwald geöffnet hat, wie es scheint. Noch nie habe ich mich nüchtern so sehr über nen Dönermann gefreut und die Cola dort löst wahre Glücksgefühle aus.
Die Laune hebt sich wieder, die nächsten Kilometer laufen auch besser – der Wind kam jetzt eher von hinten, ebenso der Typ, der sich auf mein Hinterrad gelegt hat, ohne ein Wort zu sagen.
,Moment, Corona-Kontaktbeschränkung, maximal 2 Leute gemeinsam‘ muss sich der Andre wohl gedacht haben, denn er erhöhte für ein paar Kilometer die Schlagzahl.
Es rollt sich echt gut und irgendwann hatten wir den ungebetenen Dritten dann auch „ausgeklinkt“. Jetzt war wieder Zeit, die Landschaft zu genießen. Die Altstadt von Nagold, Bad Wildberg und noch viel mehr. Das nimmt man so eigentlich nur auf dem Rad wahr.
Ich mache schon gedanklich einen Plan für Ostermontag: faul auf dem Sofa sitzen! Meine längste Tour bisher war knapp 130 km lang und heute einfach mal 80 km oben drauf.
Wir kommen dem Ziel immer näher, ich zähle die Kilometer rückwärts.
Noch 50,
noch 40,
noch 30…
,Regnet es?‘ frage ich laut, weil ich immer öfter Tropfen abbekomme. Der Blick nach hinten zeigt schwarze Wolken, der Wind wird frischer. Sieht so aus, als kommt ein Gewitter auf. Also nochmal Gas geben, dem Gewitter davonfahren. Es wird nochmal anstrengend, gut dass ich die Beine eh nicht mehr merke. Es geht die alte Panzerstraße hoch und runter und wieder hoch. Und dann sind sie da, die letzten 5 km ausrollen. Noch 3 km, noch 2 km… Da kommt doch ein Segment auf dem letzten Kilometer… der vorletzte Kreisel, sozusagen die Flamme Rouge, markiert den Startpunkt.
Ich fordere Tempo,
die Beine brennen,
der Motor geht hoch…
Ein krönender Abschluss.
Frei nach Loriot: Ab jetzt mach ich das jede Woche…
😱
Spaß… 🤣
Muss ich so schnell nicht wieder haben. So, und jetzt ab auf die Couch!