Alles begann am Freitag Mittag mit einer harmlosen WhatsApp-Nachricht von Sebastian Gisart in unserer Teamgruppe: „Wer startet Sonntag noch in Dinslaken?“ Eine Nachricht, die mich nicht zu betreffen schien, immerhin hätte ich ja rund 450 km Anreise aus dem fernen Schwabenländle, meiner Wahlheimat… Denkste, kaum eine Minute später die Antwort von Daniel Gottwald, der mich darin mit auf die Liste setzte. „Traditionen müssen bewahrt werden!“, so die Begründung. Unser Daniel kennt mich schon ganz gut und weiß, wie er mich bei der Ehre packt – davon mal ab, kann man mich leicht in solche Rennen hineinreden. Das ist bei mir eher so wie: „Halt mal kurz mein Bier…“, also nicht wirklich durchdacht. Egal, alles für die Crew!
Der Entschluss stand fest, wenn auch unter moralischem Zwang, aber meine Erinnerung aus dem Vorjahr an die Strecke ließen die Vorfreude wachsen, immerhin galt es, Jupps Vorjahresergebnis mindestens zu wiederholen…so war zumindest mein Plan: Jupp vorne raus, der Rest bremst. Wie gesagt ein Plan, der ebenso durchdacht war, wie die spontane Entscheidung am Rennen teilzunehmen und zu dessen Umsetzung einige Details fehlten:
1. Jupp war nicht am Start,
2. letztes Jahr war es ein schmal besetztes Hobbyrennen,
3. dieses Jahr als Jedermann-Rennen deklariert mit einigen Top-Fahrern besetzt, wie sich vor Ort herausstellte.
Doch dazu später mehr, jetzt hieß es erst einmal kurzfristig den Trainingsplan umzustellen (Danke Raphael für die rasche Umsetzung), einen Zeitplan fürs Wochenende zu erstellen und sich bei der „Gin-A-Fair“ am Samstag bei der Verkostung zurückzuhalten, denn Sonntag früh hieß es um 7:00 Uhr ab auf die Bahn. Nach vier Stunden Fahrt aus dem Auto ausgestiegen und – oha – was fühlen sich die Beine schwer an, erst einmal etwas vertreten, einschreiben, umziehen und warmfahren, je länger desto besser. Jetzt realisierte ich erst, Jedermann ist ja auch mit Lizenz…Prost! Mahlzeit! Und warum ist es dieses Jahr länger? Im Vorjahr im Hobbyrennen schon nicht bis zum Schluss durchgekommen und dieses Jahr will ich mich mit wesentlich gestandeneren Radsportlern messen, als ich es bin? Das muss doch schief gehen… Ich wähnte mich aber in guter Gesellschaft, denn mit mir standen für die haberich cycling crew Daniel Gottwald, Tobi Loos, Jens Urbschat und Chris Höller am Start, vielleicht konnte ich mit ihnen mithalten.
Egal, jetzt bin ich hier, jetzt will ich fahren und zwar so lange die Beine halten, alternativ bis ich überrundet werde – meine leise Hoffnung, aber die stirbt ja bekanntlich zuletzt…möge sie in Frieden ruhen!!! Die Strecke ist frei für die Jedermänner, der Startschuss fällt und scheinbar auch alle Hemmungen und die Vernunft der Starter!?
Vom Fleck weg wurde ein mörderisch hohes Tempo angeschlagen, wie hoch stellte sich erst nach dem Rennen heraus, denn währenddessen war für mich nicht daran zu denken, nach unten auf den Garmin zu schauen, geschweige denn nach der Flasche zu greifen. Mein einziger Gedanke war: „Bleib in der Gruppe…egal wie, bleib einfach…!“ Und wie es das gut 40 Fahrer starke Starterfeld vermuten ließ, wurden von Beginn an immer wieder Attacken lanciert, Ausreißversuche gestartet, um Positionen gekämpft. In Runde 6 konnte sich Karsten Klein DKS erfolgreich absetzen. Kurz darauf konnte lediglich Daniel Knyss aufschließen zu dem Führenden aufschliessen. Anfangs noch in Schlagdistanz verpufften einige Versuche des Hauptfeldes die beiden zu stellen erfolglos, wobei den aussichtsreichsten Versuch unser Tobi unternahm, allerdings trugen auch seine Mühen keine Früchte und das Feld zusammen war sich nicht einig, die Ausreißer zu stellen, also ließ man sie gewähren. Es sei zu erwähnen das Marcel Furmaniak seinen Teamkollegen Carsten mustergültig abschirmte und das Verfolgerfeld immer, immer, immer wieder einbremste, chapeau!
Aber wurde das Rennen jetzt ruhiger? Neeiiiiin!!! Dank der Organisatoren des Rennens, die alle paar Runden Prämien fürs Feld auslobten, blieben der Zug auf der Kette und der Kampf um die Positionen bis zuletzt erhalten und unser Daniel schaffte endlich den Sprung in den bezahlten Radsport. Mit seiner Prämie wollte er sich zunächst zur Ruhe setzen, nachdem er den Umschlag öffnete, hat er diese Entscheidung schnell revidiert.
Kommen wir aber zurück zum Rennen…Solange die Rundenanzeige 2-stellig war, meldete sich mein innerer Homer Simpson mit einem lauten „D’Oh“, dass sich aber ab nur noch 6 zu fahrenden Runden in ein Homeresques „Woohoo“ verwandelte. Und so ging es mit dem lieblichen Klang der Glocke in die letzte Runde. Alles gut gegangen bis hierhin in diesem hektischen Rennen, keine Stürze, niemand verletzt und … KRACH … da war es passiert. Lautes Scheppern gepaart mit Schmerzesrufen hinter mir…ich schaue mich um, suche unsere Farben…nichts zu sehen… blicke nach vorne und sehe, es hat niemanden von uns erwischt, alle noch aufrecht. Das Tempo wird nochmals verschärft, der Sprint des Hauptfeldes beginnt bereits jetzt auf der Gegengeraden und wird ohne mich ausgetragen, ich habe einfach nichts mehr zuzusetzen gebe aber dennoch nochmals alles. Spätestens jetzt ruhen die Hoffnungen auf Daniel, Tobi, Jens und Chris. Sie liefern schließlich auch ab und erzielen mit Tobias auf 7, Jens auf 8, Chris auf 12 und Daniel auf 15 für meine Begriffe ganz passable Ergebnisse, für mich hat es nur für einen Platz zwischen Richtung 20 gereicht, aber immerhin, ich hätte für mich nicht auf Ankommen gewettet. Und um die lang erwartete Information zum Tempo noch zu liefern: Daniels SRM PC 8 wies eine durchschnittliche Geschwindigkeit von etwas über 45 km/h aus. Zum Vergleich, im Vorjahr habe ich mit Ach und Krach 28 Runden mit einem 39er Schnitt absolviert.
Neben den Startern beim Jedermann-Rennen begaben sich Sebastian Gisart und Chris Herbers in dem anschließenden C-Lizenz-Rennen daran, den Kurs 55 mal zu umrunden. Das Rennen war auch hier von Beginn an schnell und wurde ähnlich wie das Jedermann-Rennen lange Zeit von zwei Ausreißern bestimmt, allerdings mit anderem Ausgang. Hier arbeitete das Feld gemeinsam daran, die Ausreißer zu stellen, was dann auch kurz vor Schluss gelang, sodass der Sieg im Sprint Royale ermittelt werden muss. Unser Sebastian kam dabei auf Rang 27 mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 45,7 km/h mit dem Feld ins Ziel, Chris Herbers musste dem hohen Tempo und den verletzungsbedingten Trainingsrückständen bereits nach 39 Runden Tribut zollen und hat das Rennen vorzeitig beendet. Kreidebleich, wenn ich das so anmerken darf.
Auch unsere Damen waren am Wochenende mehr als aktiv. Den Anfang macht Katharina Venjakob am Samstag beim Steinfurter Abendrennen, wo sie im umkämpften Sprint im entscheidenden Moment blockiert wurde, aber dennoch einen achtbaren 5. Platz erzielte. Komplettiert wurden die sportlichen Anstrengungen durch Carmen Burmeister in Gießen beim Rinn-Ideengarten-Rennen. In einem hart umkämpften Rennen, dass durch viele Ausreißversuche und Attacken geprägt ist, die Carmen maßgeblich mitgestaltet, erzielt sie den 15. Platz.
Was bleibt als Fazit? Wieder wurde nix gemieden, sondern Rennen gefahren. Gestört aber Geil!!! Team Geil!
Ich fahre jetzt nach Hause. Sind noch 450 km Autobahn runterzuspulen. Bis zum nächsten Mal.
Was wäre ein Bericht ohne Bilder! Vielen Dank an Sarah Herbers , Melli, Kerstin und die Squadra Colonia!