Als ich mit dem Radsport begonnen habe, bewunderte ich die Sieger! Es reifte wie bei jedem anderen der Gedanke: Einmal, einmal bei einem großen Rennen auf dem Podest stehen. Bejubelt von der Masse. Das Ziel erreicht! Einer der drei Schnellsten sein. Der Gedanke gefiel mir. Er trieb mich an, all die vielen Jahre, in dem mich der Radsport begleitet. Zu Beginn war mir nicht klar, wie hart, mühsam und schwer dieser Weg ist. Wie viele Rückschläge und Misserfolge man hinnehmen muss. Bei denen man sich wundert, warum man im Mittelfeld platziert ist? Anspruch und Wirklichkeit passten nicht zusammen.
Jedoch blieb der Gedanke bestehen: Einmal, einmal bei einem großen Rennen auf dem Podest stehen…!
Nach vielen Jahren, in denen ich glaubte alles richtig zu machen, begann mein Training ein wenig Struktur zu bekommen. Die ersten Top 100 Platzierungen wurden erreicht und ich begann das Training und das Material zu optimieren. Ich schloss mich Trainingsgruppen an und begann Erfahrungen zu sammeln. Ich beobachtete die anderen bei dem, was sie taten und wie sie es taten, aber das Wichtigste war: Ich begann zuzuhören, was sie sagten und versuchte dies für mich umzusetzen.
Ich intensivierte das Training mit lokalen Radportlern, allen voran meinem mittlerweile besten Freund Nick Nagel. Ein sehr erfahrener Radrennfahrer, der schon alle Rennen in unterschiedlichster Art bestritten hatte. Er zwang mich regelrecht dazu eine Lizenz zu lösen und Radrennen zu fahren. Die ersten Teilnahmen waren desaströs. Wenn ich bei einem C-Lizenz Rennen die Hälfte überlebt hätte, wäre ich schon stolz gewesen. Meist endete es viel früher. Nick jedoch ermutigte mich immer wieder am Start zu stehen, es zu probieren: „Radrennfahrer kommt von Radrennen fahren!“, einer seiner vielen Sprüche!
Ich optimierte erneut das Training mit ihm und anderen Radsportlern. Nahm die Ratschläge an, setzte sie um, versuchte sie für mich zu optimieren und begann zu verstehen wie mein Körper funktioniert. Ich beschäftigte mich mit Watt-basiertem Training, Ernährung und Regeneration.
Die ersten Erfolge traten ein. Hier mal eine Platzierung, da mal ein Top 3 Platz bei einem ganz kleinen Rennen. Der Gedanke trieb mich weiter an: Einmal, einmal bei einem großen Rennen auf dem Podest stehen…
Wir schreiben mittlerweile den 11.06.2017 und „Rund um Köln“ stand für die haberich cycling crew auf dem Plan. Ein Kölner Jedermann-Team, welches sich im Verein des 1.FSV Köln organisiert. Mein Training und meine Entwicklung, vor allem in der noch jungen Saison 2017, ließen auf eine gute Platzierung hoffen. Nick und die restlichen Radsportkollegen begannen Druck aufzubauen. Aussagen wie: „Junge, Du warst mal 6.!“, „Top 5 muss drin sein!“ oder: „Quatsch, der fährt aufs Podest!“ erhöhten insgeheim den Druck auf mich.
Eieiei, dachte ich mir, das kann was werden. Allen voran, wenn die Welt um einen herum mehr als komplett durchgerüttelt wird! Wenn man nicht weiß, was der Tag noch so bringt. Wenn man das Gefühl hat, erdrückt zu werden von den Situationen und Entscheidungen, die man trifft. Unsicherheit machte sich bei mir breit. Du sollst Rennen fahren und bist eigentlich vom Kopf komplett woanders?! Aber Aufgeben und Wegducken waren nie Eigenschaften von mir. Eher Durchbeißen und sich Quälen sind Tugenden, die mich schon immer begleitet haben und speziell im Radsport von enormer Wichtigkeit sind, wenn man nicht einen Motor wie die Tour de France- Sieger hat ?.
Wie immer bei „Rund um Köln“ war klar, dass sich eine Spitze am ersten Anstieg auf der kurzen Strecke bildet. Nick Starosta und Michael Grüb von Drinkuth sowie meiner einer machten sich hier auf den Weg die Fluchtgruppe zu bilden und diese bis zum Ende ins Ziel zu bringen. Die Zuschauer am Streckenrand pushten mich und meine Begleiter mehr als ans Limit. Aber an diesem Tag hatte ich keine Schmerzen, keine Krämpfe, nichts! Als wir die Severinsbrücke erreichten war klar: Wir kommen durch. War das DER Tag? Heute? Ich? Die Rheinuferstrasse nahm ich nur noch schemenhaft wahr. Den Sprint, leicht vergeigt, gewann Nick Starosta vor mir und Michael Grüb.
Als ich meine Familie, Freundin und Teamkollegen im Zielbereich sah, brachen alle Emotionen der vergangenen Wochen und natürlich über das Erreichte heraus! Ich hatte bei „Rund um Köln“ den 2. Platz in der Gesamtwertung erreicht und das aus einer Fluchtgruppe, die sich nach bereits 20 von insgesamt 69 zu fahrenden Kilometern gebildet hatte. Ich war am Ziel und der Gedanke wurde leiser (…)
Warum schreibe ich diese sehr persönlichen Zeilen? Zum einen sicherlich, weil ich „stolz wie Bolle“ bin, aber ich möchte auch allen Mut zusprechen an ihren Träumen festzuhalten! Die Leidenschaft zu leben, Rückschläge zu verarbeiten (die gehören dazu und ich hatte sehr, sehr viele im Radsport) und niemals aufzugeben. Es kommt der Tag, der perfekte Tag, an dem es klappt. Jens Vogt sagte einst: „Man muss auf sein Glück einprügeln, bis es sich auf Deine Seite neigt.“ Das tat ich die letzten Jahre, bis es sich auf meine Seite geneigt hat (…)!
Danke Nick! Du hast immer dran geglaubt!
Daniel