4 Uhr Klingelte der Wecker.
Warum so früh? Weil der Start in Hamburg bei den Cyclassics um 7:30 Uhr ist und 3 Std vor dem Rennen gefrühstückt wird. Genauso machen es auch die Profis, wie mir Marcus Burghardt, Tour de France Teilnehmer und Deutscher Meister 2017, bei einer gemeinsamen Ausfahrt erzählte. Ja, ich habe tatsächlich den Bora Hansgrohe Profi am Freitag getroffen und bin mit Ihm eine Runde durch Hamburg und Umgebung gefahren. Dabei haben wir uns ca. eine halbe Stunde unterhalten und ich bin eine Menge Fragen losgeworden. Interessant einmal einen Profi aus seiner Sportart zu treffen und ein ungezwungenes Gespräch fern ab der Medien führen zu können.
Aber zurück zum Rennen. Nachdem gefrühstückt war, wurde alles wie immer verpackt, aufgepumpt und das letzte Mal auf Toilette gegangen. Der Parkplatz war etwas außerhalb, so konnte ich mich bis zum Start warm fahren. Etwas nervös ging es in Richtung Start.
Ich lag super in der Zeit und war kurz vor Startblocköffnung (6:45 Uhr) fast am Start als ich merkte, dass ich beide Trinkflaschen im Auto hab liegen lassen. Oh man Jupp, Du gehst doch immer alles doppelt durch und jetzt haste doch wieder was vergessen. Dann hieß es Gas geben. Schnell zum Auto und wieder zurück, damit ich noch vorne im ersten Startblock einen Platz bekomme.
5 Minuten zu spät war ich dann da und haben auch noch ein Platz in der ersten Reihe bekommen. Ich war der einzige Starter unseres Teams. Heute also keine Helfer an Board. Dafür waren genug andere Fahrer am Start. Insgesamt waren wir auf der 60 km Runde 4977 Fahrer!
Ein riesen Feld, in dem es galt die Jungs von Stevens nicht aus den Augen zu verlieren, da sie in der Vergangenheit schon mal mit drei Ausreißern das Ding gewonnen haben.
Der Startschuss fiel und ich kam gut weg und sortierte mich vorne ein. Kurze Zeit später ließen sich auch die Stevens Jungs ganz vorne blicken. Ab dann fuhren sie Attacken im 5 min Takt. Sie wechselten sich dabei ab um eine Fluchtgruppe zu bilden oder einfach nur um die Gegner mürbe zu machen, weil ich jede Attacke mitgehen musste. Eine richtige Fluchtgruppe kam nie zustande und so fuhr man mit einem ca. 70 Mann starkem Feld wieder in die Stadt rein.
Je näher das Ziel kam, umso höher wurde das Tempo. Man wollte vermeiden, dass es noch einmal jemand versucht, alleine durch zu kommen. Ich befand mich an dritter Position als ich 2 km vor Ziel in einer scharfen Rechtskurve hinter mir Carbon krachen hörte. Einige Fahrer hat es bei diesem Sturz erwischt. Ich konzentrierte mich weiter auf mich und fuhr mein Stiefel weiter.
1km vor Ziel doch noch eine Attacke. Für einen Sprint definitiv zu früh, aber was tun. Ich entschied mich mit zu gehen. Ich sprang zum Ausreißer hin, der kurze Zeit später einbrach. Es war die 400 Meter Marke. Dann kamen die ersten Sprinter an mir vorbei. Ich hing mich an das erst beste Hinterrad, um noch ein paar Meter meine Nase aus dem Wind zu nehmen.
Die Zielgerade ging leicht Berg auf in einer lang gezogenen Linkskurve. 200 Meter vor Ziel wusste ich jetzt oder nie und zog rechts raus. Ja, der kürzere Weg war innen und ich hatte mir auch bei der Besichtigung feste vorgenommen innen zu sein. Innen war aber belegt, also blieb mir keine Wahl. Als ich rauszog warf ich noch einen schnellen Blick auf den Computer wo mir die Zahl 179 Puls entgegen leuchtete. Ich schaffte es mich an paar Fahrern vorbei zu schieben und kam an der 75 Meter Marke auf Position 6 an. Ich hörte von draußen ein lautes Schreien. Das musste Melissa sein! Meine Beine brannten unerträglich und ich war kurz davor aufzugeben. Da hörte ich Rapha´s dunkle Stimme im Hinterkopf: Jupp denk dran, im Ziel sind alle Schmerzen vorbei!
Alle Triebwerke brannten und ich drückte einfach weiter und jede Umdrehung war nahe einer Zerrung. Den Kollegen ging es auch nicht besser und ich sah wie sie nahe der Explosion waren. Aber genau jetzt hieß es Charakter zu beweisen. Ich drückte und zog an den Pedalen und schob mit einem letzten aufbäumen das Rad über die Ziellinie. Zu diesem Zeitpunkt stand die Uhr auf Puls 187. Ich konnte nicht genau sagen welche Position ich hatte, weil es Verdammt knapp war. Der Erste war klar, aber wurde ich 2., 3. oder sogar 4?
Ich rollte langsam aus und Rapha sollte halbwegs Recht behalten…die Schmerzen ließen langsam nach. Ich versorgte mich mit Essen und Trinken und zückte das Handy. Ich war online als 3. gelistet. Wow. Bei so einem Event überhaupt aufs Treppchen zu fahren ist ein Traum.
Nach einer halben Stunde hatten sich dann die Rennkommissare den Zieleinlauf im Photofinish angeschaut und ich war tatsächlich auf dem 2. Platz. Eine Menge harte Arbeit und Training haben sich ausgezahlt und ich bin sehr zufrieden und glücklich mit dem 2. Platz von 4977 Startern!
Herzlichen Glückwunsch, ein Hammer Sprint von dir 🙂